Mario hatte bereits ein Jahr in eine anderer Kindergruppe verbracht. Bevor er in meine Gruppe wechselte, eilte ihm schon der Ruf voraus, er sei ein Kind, das täglich mindesten zwei Wutanfälle bekomme, die mehr als 30 Minuten andauern konnten.
Das war mir Anlass, ihn sofort mit Marte Meo zu unterstützen: Als ich ihn das erste Mal sah, setzt ich mich gleich neben ihn auf den Teppich und begann nur zu benennen, was er gerade tat. Sofort sah er mich an und erklärte mir seine Bauwerke. Täglich vertiefte ich den guten Kontakt mit ihm. Er war immer sehr gesprächig und ich bewunderte seine technische Begabung und seine Ausdrucksweise. Er versuchte auch andere Kinder - besonders jüngere - in sein Spiel einzubeziehen. Wochenlang zeigte er keine negativen Verhaltensweisen und ich begann zu bezweifeln, dass er jenes Kind war, dessen Ruf ihm vorausgeeilt war.
Erst nach zweieinhalb!! Monaten kam es das erste Mal dazu, dass er sich beleidigt zurückzog und schmollte, weil er sich übergangen fühlte. Die Eltern waren sehr glücklich über die neuen Entwicklungen, denn die täglichen Wutanfälle hatten die Familie sehr belastet. In den zwei Jahren, die Mario noch in unserer Gruppe verbrachte, kam es hin und wieder zu Wutausbrüchen, in denen er stampfend und brummend den Gruppenraum verließ und sich hinter seiner Jacke in der Garderobe versteckte. Nach und nach fand er Strategien mit seiner Wut oder seiner Enttäuschung umzugehen. Niemals aber fanden 30-minütige Schreianfälle statt. Im ersten Jahr kam es häufiger vor, dass es, wenn ich mich für Aktivitäten mit den älteren Kindern eine Stunde außerhalb der Gruppe befand, zu Wutanfällen kam.
Doch am Ende seiner Kindergartenzeit hatte er schon viele soziale Kompetenzen aufgebaut. Fast täglich versicherte er mir seine Zuneigung oder zeigte sie durch Umarmungen oder Zeichnungen.